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    Forschergruppe Emotion und Verhalten (DFG)

    Überraschung: Zur Bedeutung des negativen Affektes beim abrupten Übergang von impulsiver zu reflektiver Informationsverarbeitung

    Überraschung: Zur Bedeutung des negativen Affektes beim abrupten Übergang von impulsiver zu reflektiver Informationsverarbeitung

    Abstract:

    Das Reflektiv-Impulsiv Modell (RIM) beschreibt die Determinanten menschlichen Verhaltens als die Interaktion zwischen impulsiver (u.a. effizienter und nicht aufmerksamkeitspflichtiger) und reflektiver (u.a. aufwendiger und aufmerksamkeitspflichtiger) Informationsverarbeitung. Während impulsive Prozesse permanent ablaufen, werden zusätzliche reflektive Prozesse nur unter bestimmten Umständen, z.B. bei Problemen in der Informationsverarbeitung, hinzugezogen. Dieser Übergang von impulsiver zu reflektiver Verarbeitung ist ein zentraler konzeptueller Schnittpunkt zwischen allen Themen dieser Forschergruppe.

    Der vorliegende Antrag untersucht den Mechanismus dieses Überganges und identifiziert dabei das Gefühl der Überraschung und seine affektiven und kognitiven Konsequenzen als den zugrunde liegenden Mechanismus. Ausgehend von Befunden zur Verarbeitungs­flüssigkeit und kognitivem Tuning und einer Vielzahl aktueller eigener Vorarbeiten wird argumentiert, dass überraschende Stimuli einen kurzen negativen Affekt auslösen, und dass dieser negative Affekt wie ein phasisches kognitives Tuning wirkt, indem er zusätzliche reflektive Kapazität rekrutiert.

    Zur Untersuchung dieser neuartigen Hypothese wird zunächst untersucht, ob unerwartete (überraschende) Reize einen phasischen negativen Affekt auslösen und ob widerum phasischer negativer Affekt subjektive Überraschungsgefühle verstärkt. Sodann soll untersucht werden, ob phasischer negativer Affekt drei zentrale kognitive Konsequenzen von Überraschung vermittelt, nämlich Aufmerksamkeitslenkung auf den überraschenden Stimulus, Umschalten auf einen reflektiven Informationsverarbeitungsstil und elaboriertere Enkodierung des überraschenden Stimulus. Dabei soll phasischer Affekt sowohl mit gut etablierten impliziten Messverfahren aus der Sozialpsychologie, als auch mit physiologischen Maßen aus der biologischen Psychologie gemessen werden. Des Weiteren soll mittels der vorliegenden Hypothese ein klassischer Effekt der Sozialpsychologie, nämlich der Gedächtnisvorteil für stereotypinkonsistente (also überraschende) Information, neu beleuchtet und seine zugrunde liegenden Mechanismen offengelegt werden. Schließlich sollen tonischer Affekt, nämlich Stimmung, und seine Beziehung zum funktional negativen phasischen Affekt der Überraschung untersucht werden.

    Der vorliegende Antrag konzeptualisiert also die Funktion von Überraschung als Fähigkeit des Überganges von rein impulsiver zu reflektiver Informationsverarbeitung, indem er die Theoriebildung einer ganzen Reihe neuester Veröffentlichungen der Arbeitsgruppe konsequent auf diese Emotion anwendet, und verbindet dabei biologische Psychologie und Sozialpsychologie sowohl auf einer tiefen konzeptuellen, als auch methodischen Ebene.