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    Research Group Emotion and Behaviour

    Die Rolle physiologischer Bedürfnisse für automatische Bewertung, Affekt und Verhalten

    Die Rolle physiologischer Bedürfnisse für automatische Bewertung, Affekt und Verhalten

    Abstract:

    Aufbauend auf die Erkenntnis, dass physiologische Bedürfnisse bzw. Mangelzustände einen Einfluss auf die impulsive Verarbeitung bedürfnisrelevanter Stimuli ausüben (siehe Seibt, Häfner, & Deutsch, 2005), wird im vorliegenden Antrag die besondere Bedeutung dieses Effektes für Mechanismen der Selbstregulation untersucht. Darüber hinaus stehen im zweiten Teil des Antrags mögliche Ursachen bzw. vermittelnde Prozesse im Blickpunkt des Interesses.

    In eigenen Vorarbeiten kann gezeigt werden, dass Zustände der Nahrungsdeprivation einen moderierenden Einfluss auf die implizite Valenz von Nahrungsmitteln ausüben. Darauf aufbauend soll im vorliegenden Antrag zunächst der Frage nachgegangen werden, wie universell bzw. wie stark dieser Mechanismus ist, wenn ein weiteres fundamentales Motiv wirksam ist. Im Bereich der Nahrungsaufnahme sollte dies der Fall sein, da das Motiv, extrem negative Nahrung zu vermeiden, aufgrund der extrem hohen Kosten eines Fehlverhaltens immer aktiv sein sollte. Diese Motivation, zumeist aus der funktionalen Perspektive der Ekelreaktion heraus untersucht, zeigt sich in den meisten Studien als relativ stabil. Allerdings ist auf der Basis unserer Vorarbeiten zu erwarten, dass diesem starken Abwehrmechanismus mit zunehmender Deprivationsdauer ein immer stärkerer Annäherungsmechanismus entgegentreten sollte. Dieser Zusammenhang soll in den ersten 3 Experimenten untersucht werden.

    Im zweiten Themenblock des Antrags soll anhand eines Übertrags des Gefundenen auf einen anderen Verhaltensbereich die Generalisierbarkeit dieses Selbstregulationsmechanismus überprüft werden. Hierzu bietet sich in mehrerlei Hinsicht die Verarbeitung sexueller Hinweisreize an, da diese a) durch stabile Motive gesteuert sein sollte (quantitative vs. qualitative Auswahl bei Männern und Frauen), b) eine direkte physiologische Rückmeldung des Mangelzustandes nicht möglich erscheint und c) zahlreiche empirische Befunde vorliegen, die dafür sprechen, dass zumindest bei Frauen eine starke Abhängigkeit zur Zyklusposition besteht. Neben diesen starken Motiven legen unsere eigenen Vorarbeiten und das zugrunde liegende Modell allerdings die Vermutung nahe, dass auch die Verarbeitung sexueller Hinweisreize einem Deprivationszyklus folgt. In anderen Worten, um im Dienste der Reproduktion zu handeln, sollte sich der Organismus mit andauernder Deprivation verstärkt auf Reproduktion einstellen, unabhängig von im Hintergrund wirksamen Auswahlmotiven bzw. von der Zyklusposition. Diese Vorhersagen sollen in zwei Quasiexperimenten überprüft werden.

    Der letzte Inhaltsblock der ersten Antragsphase versucht dann eine konkrete Erweiterung der Befunde auf eine klinische Fragestellung zu leisten. Aufbauend auf dem Befund, dass wir die selben, "normalen" Regulationsmechanismen der impliziten Nahrungsvalenz bei unter Essstörungen leidenden Patienten zeigen konnten und der Vermutung, dass eine so massive Störung wie bspw. die Anorexie nicht alleine auf reflektiven Mechanismen basieren kann, welche Köpersignale die offensichtliche Nahrungsvermeidung initiieren. Führt die bewusste Wahrnehmung von Hunger und Sattheit im Falle von Essstörungen zu maladaptiven Vorstellungen und somit letztlich auch zu impulsiver Nahrungsvermeidung oder genügt die bloße Antizipation von Nahrungsaufnahme?

    Abschließend soll in der zweiten Antragsphase in einem weiteren Jahr der Frage nachgegangen werden, welche vermittelnden Mechanismen den gezeigten Phänomenen zugrunde liegen. Im Wesentlichen gilt es dabei zu untersuchen, ob es sich um einen eigenständigen Regulationsmechanismus handelt oder ob dabei (wie in anderen Arbeiten angenommen) die Aktivierung von automatischen Zielen notwendig ist. Die Klärung dieser Frage wäre gerade auch im Hinblick auf weitere Anwendungen des Gefundenen auf klinische Fragestellungen von großer Bedeutung, da evtl. abzuleitende therapeutische Maßnahmen entscheidend davon abhängen dürften.