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    Neuroökonomie

    Emotionaler Einfluss in sozialen Entscheidungssituationen

    Emotionaler Einfluss in sozialen Entscheidungssituationen

    Eine Szene auf dem Flohmarkt. Das letzte Angebot des Verkäufers steht und es ist an der Zeit, eine endgültige Entscheidung zu treffen: Nimmt man das Angebot an oder lehnt man es ab?

    Solche Endphasen von Verhandlungssituationen werden im Labor mit dem sogenannten Ultimatumspiel untersucht. Der Anbieter teilt hier einen Geldbetrag in zwei Teile auf, einen Teil für sich, einen Teil für den Empfänger. Nimmt der Empfänger das Angebot an, so bekommen beide den vom Anbieter zugewiesenen Geldbetrag. Lehnt der Empfänger jedoch ab, gehen beide leer aus. Besonders interessant sind hierbei unfaire Aufteilungen des Anbieters, bei denen auf Seiten des Empfängers ein Konflikt entsteht. Für die Annahme des unfairen Angebots würde die simple Nutzenmaximierung sprechen, für die Ablehnung die Verletzung des Fairnessempfindens.

    Die klassische Spieltheorie, die von einem rationalen Entscheider ausgeht, macht klare Vorhersagen: Der Empfänger sollte alle Angebote annehmen, da Geld immer besser ist als kein Geld, auch wenn es nur ein kleiner Teil des Gesamtbetrags ist. Der Anbieter, der dies weiß, wird folglich den kleinstmöglichen Betrag anbieten, da er von der Annahme des Angebots ausgehen kann. Interessanterweise verhalten sich Menschen ganz anders: Anbieter bieten häufig die Hälfte des Gesamtbetrags an, und Empfänger lehnen in ca. der Hälfte der Fälle Angebote ab, wenn ihnen nur 20% oder weniger des Gesamtbetrages angeboten wird.

    Evolutionspsychologische Ansätze haben das Ablehnen unfairer Angebote als "altruistische Bestrafung" interpretiert: Danach sind Personen bereit, durch das Ablehnen des Angebots auf einen eigenen monetären Nutzen zu verzichten, um damit den Anbieter für sein unfaires Angebot zu bestrafen. Damit werden Verhaltensweisen sanktioniert, bei denen sich einzelne Personen auf Kosten der Gemeinschaft bereichern (sog. Trittbrettfahren). Langfristig könnte sich das Ablehnungsverhalten der Empfänger also positiv auswirken, beispielsweise wenn sich der Anbieter in Zukunft fairer verhält. Da das Ablehnen eines unfairen Angebots also mit Nachteilen für den Empfänger, jedoch mit möglichen Vorteilen für die Gesellschaft verbunden ist, spricht man von uneigennützigem bzw. altruistischem Verhalten.

    Forschungsarbeiten haben sich unlängst vor allem der Frage gewidmet, wie stark Emotionen dieses Entscheidungsverhalten beeinflussen. Dabei zeigte sich beispielsweise, dass verärgerte oder traurige Personen mehr unfaire Angebote ablehnen. In neuroökonomischen Studien zeigte sich darüber hinaus, dass eine erhöhte Aktivierung emotionsrelevanter Hirnstrukturen mit einer stärkeren Ablehnungstendenz assoziiert ist. Weiterhin weisen verschiedene Befunde auch auf die Bedeutung von Gehirnbereichen hin, die für das Arbeitsgedächtnis und für regelbasierte Entscheidungen (also auch rationale Abwägungen) eine Rolle spielen. Hierbei zeigte sich, dass eine vorübergehende Deaktivierung dieser Bereiche zu einer verringerten Ablehnungsrate führt. Es kann vermutet werden, dass hierbei bewusste Abwägungen von Fairness gestört werden.

    Im Kontext des Projekts "Psychologische Einflussfaktoren bei ökonomischen Ent-scheidungen“ wird der Einfluss von stabilen und vorübergehenden Emotionen auf das Verhalten im Ultimatumspiel weiter untersucht. Als psychophysiologischer Indikator wird dabei insbesondere die elektrische Gehirnaktivität auf unfaire Angebote untersucht. Dabei hat sich gezeigt, dass unfaire im Vergleich zu fairen Angeboten im Ultimatumspiel ein stärkeres Signal hervorrufen, welches vergleichbar ist mit dem Signal, das auf Fehler und negatives Feedback folgt. Die geplanten Studien untersuchen, inwieweit dieses Signal, das als Indikator für kognitive Kontrollprozesse im Rahmen des Verstärkungslernens interpretiert wurde, durch emotionale Aspekte sowie Aspekte der sozialen Interaktion moduliert wird. Dabei zeigte sich beispielsweise, dass ein unfaires Angebot eines Anbieters mit einem lächelnden Gesichtsausdruck ein geringeres Signal auslöst als das gleiche Angebot von einem nicht-lächelnden Anbieter. In zukünftigen Studien werden diese und weitere Aspekte in bildgebenden Verfahren weiter untersucht. Die geplanten Forschungen werden somit die Frage zu klären versuchen, inwiefern kognitive und emotionale Prozesse zu Entscheidungsbildung in ökonomischen Kontexten beitragen.

    Im Folgenden stellen wir die einzelnen Studien vor, die wir in diesem Bereich durchgeführt haben:

    1. Vorhersage der Ablehnung von unfairen Angeboten durch die Feedbacknegativierung

    Projektleiter: Johannes Hewig

    2. Gehirnaktivierung im fMRT bei der Abgabe von Angeboten im Ultimatum- und Diktatorspiel

    Projektleiter: Johannes Hewig

    3. Feedbacknegativität im Bezug auf Fairness von Anbietern im Ultimatumspiel

    Projektleiter: Johannes Hewig

    4. Gesichtsausdrücke und ihr Einfluss auf das Ultimatumspiel

    Projektleiter: Johannes Hewig

    5. Need for cognition und das Ultimatumspiel

    Projektleiter: Johannes Hewig